Wein, Chouera und Raclette – von Brig nach Fully, 15. – 16. August 2017

Nachdem die whatsalp-Gruppe den Ruhetag für einen Besuch bei Dominik und seiner Partnerin Annette in Pregliasca bei Domodossola genutzt hat, geht es heute in Brig weiter. Annette bereitete für die Wandernden ein stimmungsvolles Fest vor, welches die Nachbarn in Pregliasca mit einem furiosen Empfang der einrahmten. Wolfgang Hafner informierte über die umstrittenen Pläne für eine Hochspannungsleitung vom Passo S.Giacomo in Ossola-Tal hinunter, gegen welches sich in der Ossola-Region Widerstand gebildet hat.
Dank Rita Huwilers Unterstützung haben wir heute Morgen in Brig Velos der Organisation“Wallis rollt“ erhalten. Wir radeln auf Velowegen dem Rotten entlang nach Visp, vorbei am ausgedehnten Fabrikgelände der Lonza, dem mit Abstand wichtigsten Arbeitgeber im Oberwallis. Es geht weiter zum Pfynwald, wo wir Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) treffen. Raimund war bereits im August 1992 zu einem TransALPedes-Ortstermin gestossen, bei dem es um den Bau von Waldstrassen im Nanztal ging. Er war damals gerade ein Monat als neuer SL-Geschäftsführer im Amt; übrigens als Nachfolger von Hans Weiss, den wir vor zwei Tagen in Domodossola getroffen haben. Raimund kennt das Wallis sehr gut aus eigener Anschauung und weilt hier oft auch in den Ferien. Er erinnert sich, wie es im Tal damals noch von der Lonza stinkte. Seit Jahren dokumentiert er Landschaftszerstörungen mit Fotos und tritt dagegen an, was ihm schon einige Rechtsfälle beschert hat.
Bei warmen Temperaturen setzen wir uns in die bequemen Sessel der mitten im Naturschutzgebiet liegenden Büvette Milljeren und lassen uns über aktuelle Fragen des Pfynwaldes informieren. Raimund gedenkt des kürzlich verstorbenen Philippe Werner, des engagierten Biologen, der sich über Jahrzehnte als „Monsieur Pfyn-Finges“ für den Schutz dieses einzigartigen Förenwaldes zwischen dem Ober- und dem Unterwallis eingesetzt hat. Dieser Einsatz hatte nicht zuletzt zur Gründung des Regionalen Naturparks Pfy-Finges geführt, bei dem wir am Abend Gast sein werden.
Wichtiges Thema für Rodewald ist die Autobahn T9, welche von Visp durch den Pfynwald nach Brig geführt werden soll. Das Projekt ist teuer und ambitiös und beinhaltet die Tieflegung der Eisenbahnlinie, den Bau einer neuen Kantonsstrasse auf der Bahnlinie und die Realisierung der neuen Autostrasse. Hinzu kommt der Bau einer neuen Hochspannungsleitung. Wenige Tage nachdem wir im Pfynwald waren, wird das Bauprojekt öffentlich aufgelegt. Aufgrund der sensiblen Naturgebiete im Pfynwald verlaufen viele Abschnitte unter dem Boden. Allerdings ist fraglich, bis wann und ob überhaupt diese Strasse realisiert wird. Nach dem Bau der neuen Kantonsstrasse besteht heute danach kein dringender Bedarf.
Die ökologischen Ausgleichsmassnahmen zum Bau der T9 in zweistelliger Millionenhöhe erlaubten im Pfynwald grosszügige Naturschutzprojekte, allerdings ist davon erst der kleinere Teil umgesetzt. So hat der Kanton den Abbau von illegalen Kieswerken bisher nicht durchgesetzt. Doch immerhin gibt es heute den Naturpark als eine Instanz, welche sich für die Erhaltung und Aufwertung von Natur und Landschaft in der Region einsetzt.
Wir diskutieren weitere Themen, so das neue Walliser Raumplanungsgesetz, das im Frühling von den StimmbürgerInnen überraschend deutlich angenommen wurde. Dies obwohl im Vorfeld von den GegnerInnen eine unschöne Kampagne geführt worden sei, wie Rodewald berichtet. In einem ersten Schritt werden von den 3000 Hektaren Bauland, die im Wallis zu viel ausgeschieden sind, rund 1000 Hektaren zurückgezont. Nicht abschliessend geklärt sei die Entschädidungsfrage, finanzielle Forderungen von Betroffenen an den Staat seien zu erwarten.
Wir brechen Richtung Salgesch auf, wobei Dominik die neue Rhonebrücke benützen möchte. Wir müssen allerdings zur Kenntnis nehmen, dass diese Brücke bisher nicht gebaut worden ist, und Rodewald erklärt uns auch warum. Das Projekt sei überdimensioniert gewesen, befinde sich heute am falschen Ort und sollte grundsätzlich überdacht werden. Wir wären heute auch mit einem kleinen Flussübergang zufrieden gewesen, so hätten wir nicht vier Kilometer Umwelt über Siders machen müssen. So kommen wir einmal mehr knapp vor dem nächsten Termin an unserem Übernachtungsort an. Mit Verspätung treffen wir im Weinkeller der Mounirs ein, wo Viola Anthamatten, Jean-Michel Cina, Salgescher Wein und Chouera schon auf uns warten.
Anderntags nehmen wir die Route durch die Salgescher Rebberge, um uns ein Bild der schliesslich sanft meliorierten Landschaft zu verschaffen. Die Route ist zwar nicht immer ganz velogängig, aber wir schaffen es, über den Bach Millijere die deutschsprachigen Alpen endgültig zu verlassen. Unsere weiteren Stationen heissen heute Sierre und Sion, bevor wir am späten Nachmittag mit Fully in einer weiteren Mitgliedsgemeinde von Allianz in den Alpen eintreffen. Unsere Ankunft veranlasst das Team der Alpeninitiative, das hier heute seine Retraite abhält, zu einer Pause. Erfreut begrüssen wir wir die KollegInnen unserer Partnerorganisation, von denen wir die meisten bereits in Hospental, am Alpenfeuer und in Brig getroffen haben.