Treffen mit Meraner Jugendlichen in der Gemeinde Meran

Heute Abend hat uns Stadträtin Madeleine Rohrer ins Stadthaus eingeladen, um mit Meraner Jugendlichen über die Herausforderungen der Alpen zu diskutieren. Der Einladung gefolgt sind Darien, Eleonora, Johanna, Lara und Manfredi. Sie alle sind Mitglieder des Meraner Jugendparlamentes, mit dem die Gemeinde seit 2011 eng zusammen arbeitet. Ebenfalls dabei sind Marianna Elmi, Vize-Generalsekretärin der Alpenkonvention und Andreas Riedl, Geschäftsführer des Südtiroler Dachverbandes Natur und Umweltschutz (CIPRA Südtirol). Madeleine und Dominik kennen sich aus der gemeinsamen Zeit bei der CIPRA, von wo Madeleine vor zwei Jahren vom neugewählten grünen Bürgermeister Paul Rösch nach Meran geholt wurde. Als Gemeindereferentin ist sie für eine ganze Reihe von Ressorts zuständig, für die Zukunft der Meraner Umwelt wichtig sind: Raumordnung, Mobilität, Gemeindebauordnung, Natur- und Landschaftsschutz, Ökologie und Energiewesen.

Als wir im Stadthaus von Meran ankommen, sitzen die Jugendlichen, Madeleine, Marianna und Andreas bereits unter dem grossen Kastanienbaum im Hof des Stadthauses. Ein daneben parkiertes Polizeiauto sorgt sozusagen dafür, dass die Runde gut „bewacht“ ist. Zum Einstieg fragt Madeleine die Jugendlichen, was denn für sie die Alpen ausmachten. Die JugendparlamentarierInnen haben sich gut auf das Gespräch vorbereitet und geben präzise Antworten, wobei für sie Südtirol im Zentrum steht.

Johanna sieht für sich in den Alpen einen engen Bezug zur Natur, weil sie damit aufgewachsen sei. Das bringe für sie im Vergleich zu anderen Orten eine hohe Lebensqualität mit sich. Eleonora freut sich darüber, dass es im Winter kalt ist zum Skifahren und im Sommer schön warm zum Baden. Auch Manfredi findet es toll, dass es in Südtirol so viele gute Möglichkeiten zum Wandern und Skifahren gibt. Er schätze aber auch die überschaubare Grösse der Städte in Südtirol und liebe die klare Luft und den Sternenhimmel in der Nacht. Darien findet es gut, dass TouristInnen aus ganz Europa nach Südtirol kommen. Wenn er im Ausland sei, wüssten manchmal nicht alle, wo Südtirol liege, dann sage er einfach: „Ich komme aus den Alpen“. Lara betont, dass sie von ItalienerInnen aus anderen Regionen immer wieder darum beneidet werde, dass sie aus Südtirol komme.

Gregor, der bei der CIPRA das Projekt whatsalp youth betreut, berichtet kurz von der Gruppe von Jugendlichen aus verschiedenen Alpenländern, die während der letzten Tage mit uns gewandert sind. Auch sie hätten sich die Frage nach den Besonderheiten der Alpen gestellt. Viele seien begeistert von den eigenen und anderen Alpenregionen und würden in Zukunft gerne dort arbeiten; auch wenn es halt schwierig sei, dort gute Jobs und ein breites Kulturangebot zu finden. Marianna von der Alpenkonvention erzählt, dass sie in Mailand aufgewachsen, aber über ihre Eltern von klein auf mit den Alpen verbunden sei. Für sie ist entscheidend zu erkennen, dass es auch in den Alpen viel Kultur gebe, wenn auch eine andere als in den grossen Städten.

Johanna stellt sich die Frage, wie Jugendliche für ein Engagement für die Alpen begeistert werden können. Der Informationsüberfluss decke heute alles zu und es sei für viele Jugendliche schwierig geworden, sich zu orientieren. Viele seien sich ihrer Anliegen nicht klar bewusst und wüssten auch nicht, wie sie sich dafür Gehör verschaffen könnten. Gregor erwähnt die grossen Möglichkeiten mit den sozialen Medien, die es früher nicht gab und mit denen man viele Menschen erreichen könne, gerade auch Junge. Und Harry vom whatsalp-Kernteam berichtet, dass es für die whatsalp-Gruppe gar nicht so schwierig gewesen sei, die Massenmedien zu erreichen und ermuntert die Jugendlichen, es einfach zu versuchen.

Johanna knüpft noch einmal an Madeleines Frage nach den Besonderheiten der Alpen an. Für sie ist es eine Modeerscheinung, dass heute viele Junge in die Grossstädte gehen. Sie sieht zwar, dass dort die Ausbildungsmöglichkeiten oft besser sind. Aber sie möchte künftig ihre Kinder nicht einer solchen Stadt aufwachsen lassen, wo der Kontakt zur Natur kaum mehr möglich sei. Lara gibt zu bedenken, dass viele Arbeitsmöglichkeiten in den Alpen nicht attraktiv sind, v.a. im Tourismus seien die Arbeitszeiten lang und die Löhne tief. Harry weist darauf hin, dass wir auf unserer Tour bisher viele interessante Projekte gesehen hätten, in denen es gute Jobs für junge, qualifizierte Menschen gäbe. Aber wahrscheinlich bedürfe es einer besonderen Anstrengung, solche Arbeitsstellen zu finden.

Im zweiten Teil des Gesprächs stellt Madeleine uns die Frage nach dem Vergleich zur TransALPedes-Wanderung von 1992. Dominik, Gerhard und Harry, die alle drei schon vor 25 Jahren dabei gewesen waren berichten, dass sich die Situation seit damals stark verändert habe. Anfangs der 1990er-Jahre seien in den ganzen Alpen zahlreiche Widerstandsgruppen gegen Grossprojekte aktiv gewesen (wie Stauseen, Hochleistungsstrassen, Skigebiete usw.). Viele dieser Projekte seien heute realisiert oder kein Thema mehr – von Ausnahmen wie dem Alemagna-/Cavalino-Projekt, mit dem wir uns vor einer Woche beschäftigt hatten, einmal abgesehen. Heute gebe es in den Alpen eine grosse Zahl neuer Naturschutz- und Regionalentwicklungsprojekte, welche oft von gut ausgebildeten Fachkräften der jüngeren Generation betreut würden. Dazu gehörten Natur- und Nationalparke, Kooperationsprojekte mit der Landwirtschaft, innovative Kulturinitiativen, professionelle Naturschutzvorhaben und vieles anderes mehr. Dies sei eine der wesentlichsten Veränderungen, die die whatsalp-Gruppe auf ihrer bisherigen Tour durch Österreich und Südtirol festgestellt hätte.

Abschliessend möchte Madeleine von den Jugendlichen wissen, wie sie sich die Alpen in den nächsten 25 Jahren vorstellen. Die Antworten fallen zunächst nicht so optimistisch aus und das Thema Klima wird angesprochen. Die anwesenden Jugendlichen hoffen, dass gegen den Klimawandel endlich mehr getan werde, damit die Alpen auch in 25 Jahren noch lebenswert seien. Übereinstimmend begrüssen sie, wenn Südtirol auch in Zukunft für TouristInnen attraktiv bleibe, weil der Wohlstand ihrer Region wesentlich darauf aufbaue. Johanna sagt, dass es aber nicht darum gehen könne, immer mehr Gästebetten zu bauen, damit noch mehr TouristInnen kommen. Darien kritisiert, dass zu vieles bereits verbaut sei, weil die die Bauunternehmen die stärkere Stimme hätten als die BürgerInnen. Und er stellt sich die Frage, warum es nicht mehr Umweltschutzorganisationen gebe, die sich um diese Dinge kümmern. Manfredi fügt an, dass Südtirol die Berge haben, die Schlösser. Er glaubt dass es auf dieser Basis möglich sein müsste, im Tourismus eine neue Qualität zu entwickeln und er findet es auch wichtig, Alternativen zum Skifahren zu finden.

Von Madeleine angesprochen, gibt Andreas vom Umweltdachverband Südtirol zu bedenken, dass Qualität im Tourismus nicht nur aus zusätzlichen Sternen bei den Hotels bestehe, als vielmehr in der intakten Natur und Landschaft, aus der Qualität der regional erzeugten Lebensmittel und in der Pflege der regionalen Kultur. Seine Heimatstadt Meran besitze als traditionelle Kurstadt viele Möglichkeiten dazu, auch wenn dies von den Verantwortlichen leider nicht immer so gesehen werde. Madeleine erläutert daraufhin die Bemühungen der Stadt, hierzu einen Beitrag zu leisten, v.a. im Bereich einer nachhaltigen und sanften Mobilität. Viele Projekte seien im Planungsstadium und noch nicht definitiv beschlossen. Aber sie hofft, dass die Gemeinde in ihrer noch dreijährigen Amtszeit einiges auf die Schiene bringen kann.

Gerade das Thema Mobilität gäbe noch viel zu diskutieren, wie auch die whatsalp-Gruppe aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen bestätigt, doch dazu fehlt heute Abend die Zeit. Die Jugendlichen und Marianna verabschieden sich und der Rest der Gruppe begibt sich in eine Gaststätte an der autofreien Passer-Promenade, um den Abend bei weiteren interessanten Gesprächen ausklingen zu lassen.

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