Treffen mit Anna Rodewald vom Monviso Institute am 9. September im Refuge Viso

Anna ist als selbständige Textilingenieurin tätig und hat sich beruflich auf Nachhaltigkeitsfragen in der Sportartikelbranche spezialisiert. Diesen Sommer und Herbst arbeitet sie für das Monviso Institute in Ostana im Po-Tal. Dominik hat das Treffen mit dem Gründer des Monviso Institute, Tobias Luthe (er lehrt an der Fachhochschule in Chur und an der ETH Zürich) eingefädelt. Mit im Kernteam des Instituts sind zudem Melanie Rottmann und Reinold Luthe.
Das Projekt wurde 2015 gestartet, als sich in Ostana die Möglichkeit bot, mit Hilfe des Bürgermeisters im Ortsteil Serre Lamboi mehrere alte Gebäude mit Land zu erwerben. Ostana ist eine kleine Gemeinde im oberen Po-Tal mit vierzig ständigen und ungefähr gleich vielen temporären EinwohnerInnen. Vor hundert Jahren wohnten hier noch 1200 Menschen, die meist von der Landwirtschaft lebten. Mit der Industrialisierung nach dem Krieg zog die Bevölkerung in die Po-Ebene, wo es bessere Arbeitsmöglichkeiten gab. Im Dorf gibt es ein Gasthaus, ein Agriturismo und einige Landwirtschaftsbetriebe. Eine kleine aktive Gruppe rund um den Bürgermeister versucht, neues Leben ins Dorf zu bringen: gute Voraussertzungen für ein Projekt wie das Monviso Institute.
Anna berichtet uns über die Ziele und die Aktivitäten des jungen Institutes, mit dem die InitiantInnen in dieser Randregion ein lebendes Labor aufbauen möchten. Das Institut ist als privates Unternehmen mit gemeinnützigen Zielen organisiert, eine breitere Abstützung der Trägerschaft ist in Vorbereitung. Das Monviso Institute soll ein Ort der Transformation und der Entwicklung werden. An einem alten, verlassenen Ort sollen zukunftsfähige Systeme und Modelle konkret ausprobiert werden. Mittels Kooperationen mit Universitäten soll hier ein Kurs- und Lernort entstehen, wo der praktische der Teil der Ausbildung vermittelt wird. Bereits waren StudentInnengruppen da, welche sich mit Themen wie ‚alternative Verkehrssysteme im oberen Po-Tal‘ und ‚Förderung der Lebensqualität der Bevölkerung in Ostana‘ auseinandergesetzt haben.
Anna berichtet von laufenden Projekten, so vom kleinen Versuchsgarten, welcher an der Tradition des Hanf-Anbaus in Ostana anknüpft. Seit diesem Jahr darf in Italien Industriehanf wieder legal gezüchtet werden. Die Hanfpflanzen gedeihen gut und sind schon bis zu zwei Meter hoch. Sie sollen als ökologisches Isolationsmaterial für die Renovation der Gebäude in Serre Lamboi verwendet werden. Zusammen mit Melanie untersucht Anna, die sich wie Melanie in Permakultur hat ausbilden lassen, derzeit mit Bodenproben, wie die Hanfpflanzen zur Verbesserung des durch die Kuhaltung verdichteten Bodens beitragen. Das Hanf-Projekt sei ein Beispiel für die Aktivitäten des Institutes, in deren Rahmen aus lokalen Ressourcen neue Produkte entwickelt werden sollen. Anna berichtet über eine Idee, für gewisse Anwendungen die Hanf-Fasern mit der heute ungenutzten Schafwolle zu mischen. In einem Permakultur-Versuchsgarten werde zudem untersucht, welcher Anbau in einer trockenen Südlage wie in Ostana heute ohne künstliche Bewässerung möglich ist.
In einer ersten Phase sei nun die Renovation der alten, teils zerfallenen Gebäude in Serre Lamboi geplant. Mit dem Bau des neuen Wohnhauses will man testen, wie aus einem traditionellen Haus mit Steindach ein Plusenergiehaus werden kann. Weiters seien Unterkünfte, Seminarräume und eine Werkstatt geplant.
In der Diskussion erinnert Gerhard an das Centro Culturale San Martino im Mairatal, das wir in den nächsten Tagen besuchen werden. Es habe lange gedauert, bis die dortigen, aus Deutschland und Österreich stammenden InitiantInnen im Tal akzeptiert worden seien. Wie funktioniert der Kontakt des Monviso Institutes mit der lokalen Bevökerung? Anna antwortet, dass ihnen die Kommunikation mit dem Dorf sehr wichtig sei und dass viel Zeit dafür verwendet werde, die Projekte zu erläutern. Das Echo der Einheimischen sei positiv und sie freuten sich darüber, dass in Serre Lamboi neues Leben eingekehrt ist.
Am Schluss fragen wir Anna, wie das Monviso Institute in 25 Jahren aussehen wird, wenn wieder eine Gruppe von Alpenwanderern vorbei kommt. Sie meint, dass dann rund um das Monviso Institute einige Leute fest in Ostana wohnen werden, dass es fixe Kooperationen mit grossen Bildungsorganisationen und ein festes Kursprogramm geben werde. Und sie lädt die Alpenwanderer whatsalp+25 ein, im Jahr 2042 in Ostana halt zu machen.