Whatsalp Kernteam-Mitglied Christian Baumgartner hat diese Gesprächsrunde vorbereitet. Als langjähriger Geschäftsführer der Naturfreunde Internationale moderiert er ein Gespräch über Herausforderungen, die sich für die Naturfreunde im Zusammenhang mit dem Nationalpark und der Erlebnisgesellschaft stellen. Mit am Gespräch dabei sind Hermann Maislinger, Hüttenwirt der Naturfreundebasis Kolm-Saigurn, Manfred Schwarzenberger, Geschäftsführer der Naturfreunde Salzburg und Jens Badura, Kulturwissenschaftler, den wir bereits vom Gespräch auf dem Gstatterboden kennen.
Manfred Schwarzenberger erläutert zunächst die Rolle, die die Naturfreunde bei der Gründung des Nationalparks Hohe Tauern spielten. Auch zu Beginn, als die breite Bevölkerung den Nutzen eines Nationalparks noch nicht erkannte, hätten die Naturfreunde die Gründung des Nationalparks unterstützt. Durch ihren grossen Grundbesitz von 11 qkm im hinteren Raurisertal waren die Naturfreunde zudem in der Lage, die Entstehung des Nationalparks massgeblich zu fördern. Dieser Beitrag der Naturfreunde werde in den heutigen Diskussionen manchmal vergessen. Schwarzerberger erinnert sich auch, wie er in Kolm-Saigurn als junger Bub an einer Demonstration gegen das Projekt teilgenommen hatte. Die Naturfreunde hatten sich damals entschieden gegen Erschliessung eines Skigebietes von Kolm-Saigurn hinauf zum Schareck ausgesprochen, dies ein Projekt, das mit dem Nationalpark definitiv beerdigt werden konnte.
Hüttenwirt Hermann Maislinger betont den enormen Nutzen, den der Nationalpark für das Tal heute bringe. Diese „Geldumverteilungsmaschine“ gefalle zwar nicht allen, aber es sei eben wichtig, dass neben dem Schützen auch das Nützen zum Tragen komme. Nur so könne der Park von der Bevölkerung mitgetragen werden. Er lobt die sanft-touristischen Aktivitäten der RauriserInnen und betont, wie stark das Tal von der Öffentlichkeitsarbeit rund um den Nationalpark profitiere. Die Leute hier wollten im Nationalpark und vom Nationalpark leben, und diese Haltung müsse unterstützt werden. Auch die Landwirtschaft bemühe sich sehr um eine gute Zusammenarbeit mit dem Nationalparktourismus, indem sie passende Erzeugnisse bereitstelle. Solche lokalen Produkte würden im Naturfreundehaus wenn immer möglich genutzt.
Jens Badura stimmt seinen Vorrednern zu, dass die Verschiebung der Zweckbestimmung vom starken Schutzgedanken auf Erholung und Regionalwirtschaft geholfen hat, Vorbehalte der lokalen Bevölkerung gegen den Nationalpark abzubauen. Heute sei der Nationalpark Teil der regionalen Identitätsbildung ebenso wie des touristischen Markenbildungsprozess. Die Marke Nationalpark solle und dürfe aber den Kern des Nationalpark-Gedankens nicht in Frage stellen. Der Nationalpark sei kein Produkt, sondern vielmehr eine geeignete Plattform, um die Ansprüche der unterschiedlichen Interessengruppen auszubalancieren. Badura sieht den Nationalpark als einen wichtigen Ort, um neue Formen von Tourismus und Erholung zu verhandeln. Er stellt die Frage, ob es nur um Schutzappelle oder Gewinnversprechen gehe oder auch um die Möglichkeit, dass die Bevölkerung den Nationalpark als Beitrag zur Attraktivitätssteigerung des eigenen Lebensraumes nutzt.
Moderator Christian Baumgartner kommt auf die Kernfrage des Abends zu sprechen: Verändert sich die Rolle der NGOs und der Naturfreunde? Wie gehen die Naturfreunde mit der Erlebnis- und Spassgesellschaft um? Jens Badura geht auf diese Frage ein und kritisiert die Bild- und Erlebnisversprechen, welche heute auch die Alpenvereine und die Naturfreunde in ihren Publikationen abgeben würden, genau gleich wie kommerzielle Bergschulen und Alpinmagazine. Diese Sprache präsentiere sich als eine Mischung aus Abenteuerbuch und Werbeästhetik.
Manfred Schwarzenegger reagiert und meint, dass die Naturfreunde unter keinem Erfolgsdruck stünden, immer mehr Mitglieder zu gewinnen. Aber die Kommunikation mit Mitgliedern und InteressentInnen werde immer eine Mischung sein aus Trendströmungen und Gegenströmungen sein. Hermann Maislinger wiederholt, dass er Wirt ein Fan des Nationalparks sei. Er merkt aber auch kritisch an, dass sich das Gästeverhalten in den vergangenen Jahren stark verändert habe. Die Leute seien immer gestresster und hetzten auf die Berge hinauf und wieder hinunter, und dann werde möglichst rasch ein Foto im Internet gepostet. Im Winter seien die meisten Gäste nicht mehr länger als ein Wochenende in seinem Gasthaus.
Zum Abschluss fragt Harry Spiess von der whatsalp-Kerngruppe, was die Naturfreunde denn unternähmen, um die Gäste zu längeren Aufenthalten zu bewegen? Die Frage gibt zu denken, muss aber angesichts der fortgeschrittenen Zeit offen bleiben.