Harte Wege und verschwundene Pfade – von Palfau nach Hieflau

Schon seit Tagen wandern wir entlang von Bundesstrassen, auf geteerten Landstrassen und im besseren Fall auf Forststrassen. Gute Wanderwege, wie wir sie aus der Schweiz kennen, sind die Ausnahme. Und wo durchgehende Fusspfade vorhanden sind, fehlen oft Wegweiser und Markierungen. Eine Wanderregion scheint die Gegend zwischen Ybbstal und Ennstal nicht zu sein, zumindest nicht in den Tallagen. So versuchen wir zwischen Lassing und Palfau mehrmals, die Hauptstrasse zu verlassen und auf der anderen Seite des Mendlingbaches einen Weg zu finden. Unsere Versuche enden im dichten Gestrüpp des Auenwaldes, in steilen Rutschhängen und an felsigen Abstürzen. Nach einem Ausflug in die Wildnis eines Prallhanges wählt Thomas für die letzte Stunde nach Palfau entnervt den Rand der Bundesstrasse. Franz und Dominik entdecken auf der Karte eine gestrichelte Linie und folgen diese Richtung Salza hinunter, was sich aber als schlechte Idee erweist. Der ehemalige Weg ist längst abgerutscht und ein Durchkommen ist zu gefährlich, also heisst es umkehren und drei Kilometer zur Hauptstrasse zurückgehen.

Unser heutiger Weg von Palfau über einen Bergrücken hinunter nach Gams und Mooshandl stimmt uns wieder etwas versöhnlicher. Zwar brauchen wir Karte und GPS, um die richtige Route zu finden, aber nach drei Stunden sind wir tatsächlich an unserem ersten Tagesziel. Ziegenbäuerin Gundula Milwisch, die wir gestern beim Pressefrühstück kennenlernten, hat uns zu einem Besuch auf ihren Hof eingeladen. Zu unserer Überraschung empfangen uns Gundula, ihr Mann Walter und Tochter Anna mit einem köstlichen Mittagessen. Es gibt ein Ziegenragout mit gebratenen Kartoffeln und Salat aus dem eigenen Garten, zum Dessert Erdbeeren mit Ziegentopfen auf Biskuit. „Man muss das Fleisch im Backofen drei Stunden bei niedriger Hitze garen, dann verliert es seinen scharfen Nebengeschmack, den viele nicht mögen,“ erklärt uns Gundula. Nach dem Essen unternehmen wir einen Rundgang durch den Hof, auf dem nicht nur gegen hundert Ziegen meckern, sondern auch Truthähne gackern und Schweine grunzen. Walter berichtet, wie schwierig es ist, gute Ziegen zu finden und welche Hürden die Gesetzgebung für einen kleinen Biobauernhof aufbaut. Aber die Milwischs gehen ihren Weg weiter und beweisen, dass es auch heute noch möglich ist, mit innovativen Bio-Produkten einen guten Bauernhof zu führen.

Über den Ortsteil Lainbach, der sichtlich einmal bessere Zeiten gesehen hat, gelangen wir zur Enns hinunter und wandern das Ennstal hinauf. Eisenbahn, Strasse und Kraftwerk auf engstem Raum, haben wir 1992 mit TransALPedes konstatiert. Das ist auch heute noch so und für einen richtigen Wanderweg fehlt offenbar der Platz. Der vom Nationalpark Gesäuse betreute „Hieflauer Rundwanderweg“ entlang des Flusses erweist sich zwar als begehbar, ist aber über weite Strecken in einem schlechten Zustand. Doch wir sind schon zufrieden, dass es überhaupt eine Route abseits der Ennstalstrasse gibt. Während dem Gehen sprechen wir über den Steirischen Erzberg und die grossen Probleme, die der wirtschaftliche Strukturwandel für die Region mit sich gebracht hat. Dies insbesondere für den Ort Eisenerz, für den Marelli, die Frau von Franz, die ab heute mit uns mitwandert, Zukunftskonzepte entwickelt. Als wir in Hieflau ankommen, sehen wir die Folgen der Krise konkret. Der Ort wirkt heruntergekommen, die meisten Gasthäuser und Läden sind geschlossen. Im baufälligen Hotel International ist eine Gruppe von Motorradfahrern aus Bulgarien einquartiert. Sie begleiten einen Kollegen zum morgigen „Erzberg-Rodeo“, das als härtestes Motocross-Rennen der Welt gilt. Unser Quartier ist aber nicht das Hotel International, sondern die Pension Lamprecht hinten im Ort, die uns der freundliche Kellner vermittelt hat.

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