Rede von Katharina Conradin und Corinne Buff am Alpenfeuer in Rosswald, 12. August

Anlässlich des von der Alpen-Initiative, der CIRPA Schweiz und mountain wilderness Schweiz organisierten Alpenfeuers am 12. August in Rosswald hielt Katharina Conradin, Präsidentin CIPRA International / Geschäftsleiterin mountain wilderness Schweiz zusammen mit Corinne Buff, Projektleiterin CIPRA International folgende Rede:

Liebe Alpenbegeisterte

Als Präsidentin der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA, als Geschäftsleiterin von mountain wilderness Schweiz und im Namen der Alpeninitiative möchte ich euch ganz herzlich zum heutigen Feuer in den Alpen begrüssen.
Immer am zweiten Augustwochenende brennen im ganzen Alpenbogen Höhenfeuer. Sie setzen ein Zeichen für die Erhaltung des natürlichen und kulturellen Erbes des Alpenraums.
Schon über 30 Jahre ist diese Tradition alt. In den 80er Jahren brannten die Höhenfeuer unter anderem in der Val Curciusa oder im Grimselgebiet und markierten Widerstand gegen die Nutzung der letzten frei fliessenden Gewässer durch Pumpspeicherkraftwerke.
Im Jahr 1997 brannten gar einmal über 1000 Höhenfeuer als Zeichen gegen die fortschreitende Zerstörung der Natur in den Alpen.
Anfang der 00-er Jahre rückte der ständig wachsende Güterverkehr, der die Luft in den Alpentälern verpestet und ganze Regionen verlärmt, in den Vordergrund. Zum Thema Verkehr in seinen unterschiedlichsten Ausprägungen hat auch die Alpeninitiative immer wieder Alpenfeuer organisiert.
Auch am heutigen Tag werden im ganzen Alpenbogen mehrere Dutzend Höhenfeuer entfacht. Sie verbinden uns solidarisch mit den Menschen von Monaco bis nach Slowenien. Dass die Feuer seit 30 Jahren immer wieder brennen zeigt, dass die Probleme im Alpenraum keinesfalls gelöst sind.
Die CIPRA beschäftigt sich aktuell speziell mit dem Thema Wintertourismus. Dieser steht – wie wir alle wissen – vor grossen Herausforderungen.
Bevor euch Corinne Buff, Projektleiterin bei der CIPRA, Näheres zu diesen Herausforderungen und den Forderungen der CIPRA erzählt, möchte ich noch ganz kurz einige Worte zur CIPRA sagen.
Die CIPRA ist eine nichtstaatliche Dachorganisation mit nationalen Vertretungen in sieben Alpenländern. Sie vertritt über 100 Verbände und Organisationen. Seit ihrer Gründung 1952 bringt sie Menschen und Organisationen über sprachliche, kulturelle, geografische und politische Grenzen hinweg zusammen. Gemeinsam mit den Menschen und Organisationen diesem grossen Netzwerk setzt sich die CIPRA für die Erhaltung des Natur- und Kulturerbes, der regionalen Vielfalt und für Lösungen grenzüberschreitender Probleme im Alpenraum ein.

Die CIPRA wirkt zudem darauf hin, der Alpenpolitik auf internationaler Ebene mehr Gewicht zu verleihen. Ein Meilenstein war 1991 die Unterzeichnung der Alpenkonvention, auf deren Ratifizierung die CIPRA lange hingearbeitet hatte.

Doch zurück zum Wintertourismus. Ich gebe das Wort an Corinne Buff.

Da wäre fürs eine der Klimawandel. Dieser wird die Alpen überdurchschnittlich betreffen. Die Skisaison wird kürzer und kürzer, besonders in den mittleren und tiefen Lagen ist die Schneesicherheit nicht mehr garantiert. Doch auch die Bevölkerung ändert sich. Sie wird älter und diverser, die Zeiten von „Alles fährt Ski“ sind längst passé. Die Anzahl Ersteintritte in Skigebiet hat sich seit 1994 um mehr als 40% reduziert!
Durch die immer aufwändigere Pistenbewirtschaftung wird Skifahren zudem immer teurer: Für viele Familien ist es mittlerweile zu teuer geworden – der Nachwuchs fehlt. Und nicht zuletzt haben sich auch die Präferenzen der Touristen geändert: Ein Skilift allein genügt schon längst nicht mehr und eine Woche bleiben die wenigsten. So viel wie möglich in so kurzer Zeit wie möglich scheint die Devise zu sein.
Die CIPRA findet, dass es eine Sonnenwende braucht – und so ist es doch nicht so ganz unpassend, dass wir uns im Sommer diesem schwierigen Thema widmet. Sie fordert:

• Die Begrenztheit der vorhandenen Ressourcen zu respektieren und innovativen zu handeln:
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Wintertourismus in den Alpen nachhaltiger zu gestalten, sei es die Anreise, Übernachtung, Gastronomie oder Freizeitaktivitäten. Wintertourismus neu denken heisst, mit den lokal vorhandenen Ressourcen ganzheitlich Angebote zu entwickeln.

• Keine neue Erschliessungen von Gletschern und unberührten Landschaftskammern:
Das Kapital des Tourismus ist die Landschaft. Natur- und Bergerlebnisse stehen ganz oben auf der Wunschliste der Gäste. Eine Konzentration auf bereits bestehende Gebiete und der Ausstieg aus einem sinnlosen Aufrüstungskampf, der nicht gewonnen werden kann.

• Stillgelegte Infrastrukturen rückbauen und überdimensioniertes Bauland auszonen:
Planungen und Infrastrukturen stammen oftmals aus einer Zeit, in der euphorisch von grenzenlosem Wachstum ausgegangen wurde. Die Zeiten haben sich geändert. Stillgelegte touristische Infrastrukturen sollen umgenutzt oder rückgebaut werden, und Modelle für Zweitwohnungen erschaffen werden, um sie in Wert zu setzten und nutzen.

• Umweltfreundliche Mobilitätsangebote schaffen und propagieren!
Ohne Mobilität gibt es keinen Tourismus, darum ist das wie sehr wichtig, 84% der Urlaubsreisen in den Alpen werden mit dem eigenen Auto unternommen. Wir wollen das Angebot des öffentlichen Verkehrs verbessern in den Alpen.

• Ganzheitlich ausgerichtete regionale Strategien bei der Tourismusförderung:
Die Förderpolitik muss sich umorientieren, sie soll auf Kriterien eines nachhaltigen Tourismus basieren. Es braucht auch Unterstützung für den Ausstieg aus dem intensiven Wintertourismus. Das Ziel soll sein, eine Förderpolitik auf vernetzte, langfristig und zukunftsfähige Massnahmen zugunsten eines nachhaltigen Winter- oder Ganzjahrestourismus auszurichten um die Wertschöpfung in der Region zu behalten.

• Von Pionieren lernen:
Es gibt Beispiele von mutigen Pionieren. Nun müssen die Verantwortlichen der Tourismusbranche diese in die Breite tragen, anstelle von realitätsfremden Bildern und Pistenkilometern locken Angebote, welche an die lokalen Gegebenheiten angepasst sind.

Im ganzen Alpenbogen brennen zur Zeit an mehr als 30 Orten die Feuer. Mehr als 1000 Menschen stehen in Slowenien, Italien, Deutschland, Österreich, der Schweiz und sicherlich auch in Frankreich solidarisch zusammen, um ein Zeichen zu setzen gegen das Tourismuskarussell, das sich immer Schneller dreht.
Im Namen der Alpeninitiative, der CIPRA und mountain wilderness Schweiz danke ich euch feurig für euer Kommen!